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Blockchain kann Energiehandel vereinfachen

Mit dem Voranschreiten von Dezentralisierung und Digitalisierung der europäischen Energiemärkte verändert sich die Energiebranche und erlebt einen starken Wandel. Die Blockchain-Technologie ermöglicht neue Geschäftsmodelle und Vattenfall testet gemeinsam mit anderen Unternehmen die Anwendungsmöglichkeiten der Technologie für die Praxis des Energiehandels.

Sabrina Kernbichler vom Preis-Informationsdienst Argus Media sprach mit Kilian Leykam, Manager Business Development Trading bei Vattenfall über Blockchain und die neuen Geschäftsmodelle, die mit den Veränderungen in der Energiebranche einhergehen. Das Interview erschien zuerst bei Argus Media.

Welche Vorteile bietet die Blockchain-Technologie? Sind Sie der Meinung, dass Blockchain am Ende traditionelle Handelsplätze wie Börsen und Broker ersetzen wird?

Wir sehen keine Konflikte zwischen Blockchain und traditionellen Handelsplätzen. Zur Zeit laufen zahlreiche Projekte, die sich mit unterschiedlichen Aspekten des Energiehandels befassen – eines von ihnen ist die Plattform Ponton Enerchain. Generell geht es um den bilateralen Handel (Over-the-Counter, OTC) und hinsichtlich Blockchain um die Vereinfachung jedes einzelnen Schrittes des gesamten Handelsprozesses.

Es besteht die Möglichkeit, dass Blockchain in Zukunft mit Handelsplätzen, wie beispielsweise Broker-Bildschirmen, verknüpft sein könnte, um den Ablauf komplexer oder hochvolumiger Transaktionen effizienter zu gestalten. Außerdem könnten Blockchain-Lösungen mit Netzbetreibern verknüpft werden, um den derzeit noch manuellen Prozess der Nominierung bilateraler Deals zu ersetzen.

Weitere Bereiche, in denen Blockchain zu einem effizienteren Energiehandel beitragen könnte, sind bei den regulatorischen Berichtsplichten zum Beispiel gegenüber ACER. Statt eines Prozesses, bei dem jede Gegenpartei eines Geschäfts einzeln an ACER berichtet, könnte über die Blockchain die gesamte Berichtsprozesskette an ACER optimiert werden.

ACER– Agency for the Cooperation of Energy Regulators – ist eine Agentur der Europäischen Union, die der Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden dient. Sie soll dazu beitragen, dass der europäische Strom- und Gasmarkt reibungslos funktioniert. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem die Überwachung der Energiegroßhandelsmärkte.

Sind diese Vorteile in einer Zeit, in der die Gewinnmargen für den Energiehandel unter Druck stehen, besonders wichtig?

Sinkende Margen spielen hierbei sicher eine Rolle. Aber es geht auch um neue Geschäftsmodelle und kleinere Abschlussvolumen in einer zunehmend dezentralisierten Energiewelt, die nach effizienteren Prozessen für den Handel verlangen.

Erwarten Sie, dass Blockchain den Eintritt neuer Akteure in den Energiemarkt erleichtert?

Ja, absolut, insbesondere für kleinere Marktakteure. Ich könnte mir vorstellen, dass die Blockchain-Technologie durch umfassenden Peer-to-Peer-Handel den Markteintritt für Prosumer ermöglicht. Ob und wann und in welchem Umfang dies der Fall sein wird, bleibt abzuwarten. Ich vermute jedoch, dass dies unsere Zukunft sein wird.

Auf dem Energiemarkt hat es bereits die ersten Blockchain-Live-Geschäfte gegeben. Hat Vattenfall bereits an Live-Trading teilgenommen?

Wir beteiligen uns am Projekt Ponton Enerchain und warten auf die Fertigstellung aller technischen und gesetzlichen Regelungen. Im Moment befinden wir uns in der Testphase des Projekts Enerchain. Derzeit tätigen wir in Europa etwa 8.000 Geschäfte pro Tag und testen den potenziellen Anwendungsbereich von Blockchain in dieser Hinsicht. Aber sobald die Testphase abgeschlossen ist, kann ich mir vorstellen, dass wir uns am Live-Trading beteiligen werden.

Welche Einsatzbereiche hat Vattenfall hinsichtlich Blockchain im Auge?

Wir betrachten alle Aspekte einer Nutzung von Blockchain in Bezug auf den Peer-to-Peer-Handel auf allen Ebenen. Dies kann z.B. für Transaktionen zwischen Privatkunden auf unserer Powerpeers-Plattform in den Niederlanden sein. Es gibt ideale Anwendungsfälle für Blockchain im Bereich von Transaktionen mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge, aber auch bei B2B-Industriekunden.

Gibt es neue Geschäftsmodelle für Vattenfall Trading, die sich aus der zunehmenden Digitalisierung und Dezentralisierung der Energiewelt ergeben?

Die zunehmende Dezentralisierung der Energiemärkte ist für Vattenfall als Unternehmensgruppe ein zentrales Thema, nicht nur für den Bereich Trading. Es ist eine Herausforderung, dezentrale Anlagen, beispielsweise im Eigentum von Prosumern, zu optimieren. Als eine weitere unserer Kernkompetenzen sehe ich Corporate Power Purchase Agreements (PPAs) für Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien und unsere Industriekunden.

Wir sind bereits einer der größten Direktvermarkter für erneuerbare Energien in Europa. Und – besonders im Hinblick auf Deutschland – sinken die Subventionen für Onshore-Wind- und Solarenergie bei jeder Auktion und das Preisniveau beider Bereiche nähert sich nach und nach dem Marktpreis. Dadurch eröffnen sich neue Möglichkeiten für den Markt. Und wir sehen die ersten Offshore-Wind-Projekte, die ohne Fördermittel gebaut werden. Darüber hinaus endet der zwanzigjährige Förderzeitraum, der durch das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantiert wurde,  für die ersten Onshore-Windenergieanlagen ab den Jahren 2020/21. Um Investitionen zu ermöglichen, muss das Preisrisiko in der Zukunft absichert werden. In diesem Bereich verfügen wir bereits über umfassendes Know-how, das wir auch Drittanbietern zur Verfügung stellen.

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