Hochspannungsleitungen

Stromnetz: Politischer Streit lässt Uhren falsch ticken

Haben Sie sich auch schon gewundert, warum Ihre Uhr an der Mikrowelle, am Backofen oder der Radiowecker plötzlich nachgeht? Betroffen sind derzeit Uhren, deren Zeitanzeige durch das Stromnetz gesteuert wird. Anders als beispielsweise Funk- oder Quarzuhren besitzen diese Geräte keinen eigenen Taktgeber.

Doch was lässt die Uhren aus dem Takt geraten? Noch in der vergangenen Woche wurde gemutmaßt, der plötzliche Kälteeinbruch könnte die Abweichungen verursachen. Tatsächlich ist die Antwort viel kurioser: Politischer Streit im Kosovo ist das „Zünglein an der Uhr". Es geht um Strommengen, die zwischen Balkan-Ländern ausgetauscht werden.

Seit Mitte Januar sind Stromerzeuger im Kosovo ihren Stromlieferverpflichtungen nicht nachgekommen. 300 bis 400 Megawatt Stromkapazität sind zu wenig in das europaweite Netz gelangt. Die Folge ist nun an den Uhren ablesbar, wie der Verband der Europäischen Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) mitteilte: Die Abweichungen kämen aus den Stromnetzen von Kosovo und Serbien. Es gebe politischen Streit um Liefermengen zwischen zuständigen Behörden beider Länder…

50 Hertz ist das „Gütesiegel“ im Stromnetz

Zurück zu den betroffenen Uhren und damit zur Physik: Sie messen die Zeit über die Schwingungen des Wechselstroms. Das spart die Kosten für den Einbau frequenzstabiler Oszillatoren. Die Frequenz des Stroms in Europa beträgt normalerweise exakt 50 Hertz, das sind 50 Schwingungen pro Sekunde. Solange dieser Wert weitgehend stabil gehalten wird, funktionieren die stromnetzgesteuerten Uhren einwandfrei.

Wie erwähnt, gelangte seit Mitte Januar zu wenig Strom in den europaweiten Stromverbund und somit wurde die Frequenz von 50 Hertz über einen längeren Zeitraum nicht erreicht. Sie lag nur noch bei 49,996 Hertz. So minimal die Abweichung erscheint, hat sie sich nun über sechs Wochen zu rund sechs Minuten Zeitunterschied addiert.

Ein Blick auf die Seite des Schweizer Netzbetreibers Swissgrid zeigt die derzeitige Abweichung und auch die aktuelle Frequenz auf ein Tausendstel genau in Echtzeit an. Am Mittwochmorgen um 10 Uhr waren es 346 Sekunden Rückstand.

Rund 6 Minuten Zeit aufholen…

Die nun beobachtete wochenlange Abweichung bei der Netzfrequenz ist so laut ENTSO-E noch nie aufgetreten. Dass die Frequenz der Netzspannung leicht schwankt, ist völlig normal. Doch bisher glichen sich diese Abweichungen so aus, dass im Mittel die anvisierten 50 Hertz erreicht wurden. In den nächsten Wochen müsse nun die Frequenz unmerklich erhöht sein, um den Rückstand bei der Zeitanzeige abzubauen. Wer jetzt von Hand seine betroffenen Uhren „richtig“ stellt, könnte in wenigen Wochen also gefordert sein, erneut zu korrigieren – dann in die andere Richtung.

Inzwischen wurde bekannt, dass der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) nun den Stromstreit zwischen dem Kosovo und Serbien schlichten soll. Töpfer bestätigte bereits gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, er werde Anfang kommender Woche in beide Länder reisen. Geplant seien dort Gespräche mit der serbischen Ministerpräsidentin Ana Brnabić und mit dem kosovarischen Regierungschef Ramush Haradinaj.

FAZ: Wie ein Deutscher die Uhren wieder in Takt bringen soll

WEITERE LINKS

Nützliche Informationen in Englisch finden sich auch auf der Seite von ENTSO-E


 

Mehr Informationen

Offshore-Turbinen erhalten wiederverwendbare Kappen

CCM B.V. entwickelt mit Vattenfall erste langlebige Monopile-Abdeckung.

Lesen Sie den gesamten Artikel

Sleipner in Norwegen: Wo CO2 seit 1996 im Gestein lagert

Seit 1996 wird CO2 erfolgreich tief unter der Nordsee vor der Küste Norwegens gespeichert.

Lesen Sie den gesamten Artikel

Vattenfall Eurofiber wird Tochter von Eurofiber

Eurofiber übernimmt Joint Venture Anteile der Vattenfall Wärme Berlin AG an Vattenfall Eurofiber.

Lesen Sie den gesamten Artikel